Interesterifizierte Fette: Kurzfristige Herzgesundheit

Interesterifizierte Fette: Kurzfristige Herzgesundheit

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Eine neue kontrollierte Studie hinterfragt die pauschale Annahme, dass alle verarbeiteten festen Fette automatisch schädlich für die Herzgesundheit sind. Forschende untersuchten zwei in der Industrie häufig verwendete Fette – interesterifizierte Fette, die reich an Palmitinsäure bzw. Stearinsäure sind – wie sie in Margarinen, Backwaren und Streichfetten eingesetzt werden, und fanden keine messbaren negativen Effekte auf zentrale kardiovaskuläre Risikomarker bei typischer Verzehrmenge.

Eine kontrollierte Untersuchung ergab, dass interesterifizierte Fette bei normaler Nahrungsaufnahme keinen messbaren negativen Einfluss auf wichtige Gesundheitsmarker des Herzens haben. Credit: Stock

Was die Studie untersuchte und warum das wichtig ist

Die Studie, geleitet von Teams des King’s College London und der Universität Maastricht und veröffentlicht im American Journal of Clinical Nutrition, prüfte, ob interesterifizierte (IE) Fette, die industriell als Ersatz für Transfette und teilweise für bestimmte tierische Fette verwendet werden, kurzfristige Marker der kardiometabolischen Gesundheit verändern. Die Interesterifizierung ist ein Verarbeitungsverfahren, bei dem Fettsäuren auf Glycerolmolekülen neu angeordnet werden, um feste oder halbfeste Fette zu erzeugen, ohne dabei Transfettsäuren zu bilden.

Das Verständnis der gesundheitlichen Auswirkungen solcher Fette ist relevant, weil Lebensmittelhersteller vermehrt interesterifizierte Fette in Margarinen, Backwaren und Süßwaren einsetzen, während sie Produkte reformulieren, um Transfette zu reduzieren oder das Profil gesättigter Fette zu verändern. Die öffentliche Besorgnis über verarbeitete Lebensmittel erhöht die Nachfrage nach Klarheit zu diesen Zutaten – sowohl aus regulatorischer als auch aus klinischer und verbraucherbezogener Sicht.

Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten von Verarbeitung: Während industrielle Härtung früher häufig zur Bildung von Transfettsäuren führte, zielt die Interesterifizierung darauf ab, die physikalischen Eigenschaften von Fetten (Festigkeit, Schmelzverhalten) zu beeinflussen, ohne die chemisch problematischen Transisomere zu erzeugen. Fachbegriffe wie Palmitinsäure, Stearinsäure, gesättigte Fettsäuren und Transfette sind hierbei zentrale Entitäten, die in regulatorischen Bewertungen und Ernährungsstudien regelmäßig auftauchen.

Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht hat die Diskussion zwei Ebenen: zum einen die kurzfristigen Effekte auf Blutlipide, Entzündungsmarker oder Insulinsensitivität, die in klinischen Studien relativ schnell messbar sind; zum anderen die langfristigen Auswirkungen auf kardiovaskuläre Erkrankungen, Herzinfarkte oder Sterblichkeit, die epidemiologische Beobachtungen über Jahre oder Jahrzehnte erfordern. Diese Studie adressiert primär erstere Ebene.

Wie die Studie durchgeführt wurde

Die randomisierte, doppelblinde Crossover-Studie rekrutierte 47 gesunde Erwachsene. In einem Crossover-Design absolvierte jede:r Teilnehmer:in zwei unterschiedliche Diäten über jeweils sechs Wochen, getrennt durch eine Auswaschphase (Washout). Jede der Diäten lieferte etwa 10 % der täglichen Energiezufuhr aus den getesteten Fetten, die in alltäglichen Lebensmitteln wie Muffins, Brotaufstrichen und ähnlichen Produkten eingebettet wurden. Weder die Teilnehmenden noch die Untersuchenden wussten während der jeweiligen Diätphase, welches Fett verabreicht wurde.

Die randomisierte Doppelblindgestaltung reduziert systematische Verzerrungen und erhöht die Aussagekraft der Ergebnisse. Ein Crossover-Ansatz hat den Vorteil, dass jede Person als eigene Kontrolle fungiert, wodurch interindividuelle Unterschiede in genetischer Veranlagung, Grundstoffwechsel oder Lebensstil weniger stark ins Gewicht fallen. Gleichzeitig verlangt ein solches Design sorgfältige Washout-Intervalle und konsistente Kontrolle der sonstigen Ernährungsgewohnheiten, um Carryover-Effekte zu minimieren.

Gemessen wurde ein breites Spektrum kardiometabolischer Endpunkte: Gesamtcholesterin und HDL (High-Density-Lipoprotein), Triglyceride, das Verhältnis Gesamtcholesterin zu HDL (ein häufig verwendeter Indikator für kardiovaskuläres Risiko), Insulinsensitivität, Entzündungsmarker, Leberfett sowie Gefäßfunktionen. Diese Parameter sind etablierte klinische und forschungsrelevante Messgrößen, um kurzfristig bedeutsame Veränderungen des Herz-Kreislauf-Risikos zu erkennen.

Technisch wurden Standardverfahren angewandt: Blutlipidmessungen mittels enzymatischer Assays, HOMA-IR oder euglykämische Clamp-Verfahren zur Abschätzung der Insulinsensitivität in klinischen Studien (je nach Protokoll), Bildgebung oder nicht-invasive Methoden zur Abschätzung von Leberfett sowie Ultraschall- oder Flussmessungen für vaskuläre Funktion. Solche kombinierten Endpunktbatterien erhöhen die Wahrscheinlichkeit, subtile physiologische Effekte zu entdecken, die allein durch Cholesterinmessungen möglicherweise übersehen würden.

Wesentliche Ergebnisse: Keine kurzfristigen Schäden nachweisbar

Die Studie ergab keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Palmitinsäure-reichen und den Stearinsäure-reichen interesterifizierten Fetten über die gemessenen Endpunkte hinweg. Blutlipidprofile – einschließlich Gesamtcholesterin, HDL und Triglyceriden – blieben in beiden Diätperioden statistisch vergleichbar.

Die Forschenden berichten außerdem, dass sich keine negativen Effekte auf Entzündungsmarker, Insulinresistenz, Leberfettansammlung oder auf messbare Parameter der Gefäßfunktion zeigten. Über die sechs Wochen pro Diätperiode hinweg blieben die untersuchten Biomarker weitgehend stabil, unabhängig davon, ob die Versuchspersonen das palmitinsäure- oder das stearinsäurereiche IE-Fett konsumierten.

Die leitenden Wissenschaftler:innen werteten diese Resultate als beruhigend im Hinblick auf die Verwendung dieser industriell verarbeiteten Fette auf Verbraucherebene bei typischer Aufnahme. Professorin Wendy Hall vom King’s College London betonte, dass die Befunde darauf hindeuten, dass diese interesterifizierten Fette bei realistischen Verzehrmengen wahrscheinlich keine akuten negativen Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Gesundheit haben. Professorin Sarah Berry fügte hinzu, dass die Interesterifizierung die Herstellung harter Fette ermöglicht, ohne schädliche Transfette zu bilden, und damit Reformulierungsbemühungen unterstützen kann, um in einigen Produkten den Gehalt an gesättigten Fetten zu reduzieren.

Aus Sicht der Lebensmittelsicherheit und Produktentwicklung ist dies ein relevantes Ergebnis: Hersteller stehen unter Druck, Transfette zu vermeiden und gleichzeitig texturelle und sensorische Anforderungen zu erfüllen. Interesterifizierte Fette bieten hier eine technisch praktikable Alternative, deren kurzfristige metabolische Verträglichkeit nun durch diese kontrollierte Studie belegt wird.

Wichtig ist jedoch zu betonen, dass die Abwesenheit kurzfristiger Effekte nicht per se Langzeitsicherheit garantiert. Kurzfristige Studien sind besonders geeignet, um direkte metabolische Reaktionen zu erkennen, aber bleiben beschränkt, wenn es um kumulative Effekte, Wechselwirkungen mit anderen Ernährungsfaktoren oder seltene unerwünschte Ereignisse geht.

Begrenzungen der Studie und nächste Schritte

Die Studiendauer – sechs Wochen pro Diätphase – ist ausreichend, um Veränderungen des Cholesterins und vieler kardiometabolischer Biomarker zu detektieren, beantwortet jedoch nicht die Frage nach langfristigen Ergebnissen wie klinisch manifesten Herz-Kreislauf-Erkrankungen über Jahre oder Jahrzehnte. Das Kollektiv bestand aus gesunden Erwachsenen, sodass zusätzliche Untersuchungen bei älteren Personen, bei Menschen mit bestehenden metabolischen Erkrankungen (z. B. Typ-2-Diabetes, metabolischem Syndrom) oder bei Personen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko erforderlich sind.

Längere und größere randomisierte Studien sowie epidemiologische Analysen aus Bevölkerungsdaten sind nötig, um mögliche subtile oder kumulative Effekte zu identifizieren, die erst bei chronischem Konsum über längere Zeiträume auftreten könnten. Auch sind Studien sinnvoll, die unterschiedliche Dosen und Kombinationen mit anderen Nahrungsbestandteilen untersuchen, denn Lebensmittel werden stets als komplexe Matrices konsumiert und nicht als isolierte Fettproben.

Weitere wichtige Forschungsfragen umfassen mechanistische Untersuchungen zur Metabolisierung von interesterifizierten Triglyceriden: Wie beeinflusst die Positionierung von Palmitinsäure oder Stearinsäure am Glycerinrückgrat die Verdauung, Resorption und den anschließenden Metabolismus im Vergleich zu natürlich vorkommenden Triacylglycerinen? Tierexperimentelle sowie in-vitro-Studien können ergänzende Hinweise liefern, doch menschliche Interventions- und Beobachtungsdaten sind entscheidend für regulatorische Bewertungen.

Aus regulatorischer Sicht sind differenziertere Risikobewertungen sinnvoll: Nicht alle verarbeiteten Fette sind zwangsläufig gleich zu bewerten. Die Studie liefert Evidenz, dass interesterifizierte Fette mit einem hohen Anteil an Palmitinsäure oder Stearinsäure bei realistischen Verzehrmengen kurzfristig keine nachteiligen Effekte auf die untersuchten kardiometabolischen Marker zeigen. Diese Nuance ist bedeutsam für öffentliche Gesundheitsleitlinien, die Produktreformulierung in der Lebensmittelindustrie sowie für informierte Verbraucherentscheidungen.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher bleibt weiterhin eine allgemeine Empfehlung bestehen, die Gesamtaufnahme an gesättigten Fettsäuren zu moderieren, eine ausgewogene Ernährungsweise mit viel Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen, Samen, pflanzenbasierten Ölen und fettem Fisch zu favorisieren und verarbeitete Lebensmittel bewusst zu wählen. Studien wie diese helfen, die Diskussion zu versachlichen und ermöglichen gezieltere Empfehlungen – etwa welche Ersatzstoffe für Transfette auf individueller und populationeller Ebene am sinnvollsten sind.

Zusammengefasst liefert die Studie wichtige Hinweise für die kurzfristige metabolische Sicherheit von interesterifizierten Fetten in üblichen Verzehrmengen, doch sie ist kein abschließender Beleg für Langzeitsicherheit. Weitere Forschung, größere Stichproben und längere Nachbeobachtungen sind nötig, um langfristige gesundheitliche Auswirkungen zuverlässig zu beurteilen.

Quelle: scitechdaily

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