Gezielte Vitamin D3-Therapie reduziert Rezidivrisiko deutlich

Gezielte Vitamin D3-Therapie reduziert Rezidivrisiko deutlich

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Eine neue randomisierte klinische Studie von Intermountain Health legt nahe, dass eine personalisierte Strategie zur Supplementierung mit Vitamin D3 nach einem Herzinfarkt das Risiko für einen zweiten Herzinfarkt um etwa 50 % senken kann. Die Studie prüfte einen 'target-to-treat'-Ansatz — Blutspiegel messen und Dosen anpassen, um ein definiertes Ziel zu erreichen — statt allen Patientinnen und Patienten dieselbe Supplementdosis zu geben.

Warum diese Studie gerade jetzt wichtig ist

Kardiovaskuläre Erkrankungen bleiben die weltweit häufigste Todesursache, und die Verhinderung wiederkehrender Ereignisse bei Personen, die einen ersten Herzinfarkt überlebt haben, ist eine zentrale klinische Priorität. Gleichzeitig ist Vitamin-D-Mangel weit verbreitet: Umfragen schätzen, dass global etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Menschen suboptimale Vitamin-D-Spiegel haben. Lebensstilveränderungen, geringere Sonnenexposition und Maßnahmen zur Hautkrebsvorsorge machen viele Bevölkerungsgruppen abhängiger von Nahrungsergänzungsmitteln oder angereicherten Lebensmitteln, um den Serumspiegel von Vitamin D aufrechtzuerhalten.

Frühere Beobachtungsstudien verbanden niedrige Vitamin-D-Spiegel mit schlechteren Herz-Kreislauf-Ergebnissen, doch randomisierte Studien mit festen Supplementdosen zeigten meist keine klaren kardiovaskulären Vorteile. Die neue Studie von Intermountain Health, präsentiert bei den 2025 American Heart Association Scientific Sessions in New Orleans, stellte eine andere Frage: Was, wenn man ein Blutspiegelziel vorgibt und die Supplementierung so anpasst, dass jede Patientin und jeder Patient dieses Ziel tatsächlich erreicht?

Wie die TARGET-D-Studie durchgeführt wurde

Die TARGET-D randomisierte kontrollierte Studie rekrutierte 630 Patientinnen und Patienten, die innerhalb eines Monats vor der Aufnahme einen Herzinfarkt erlitten hatten. Die Rekrutierungsphase lief von April 2017 bis Mai 2023, und die Teilnehmenden wurden bis März 2025 hinsichtlich großer kardiovaskulärer Ereignisse nachverfolgt.

Zwei Versuchsarme

  • Kontrollarm (übliche Versorgung): keine vom Studienprotokoll gesteuerte Vitamin-D-Management; behandelnde Ärztinnen und Ärzte konnten ihren Standardpraktiken folgen.
  • Targeted-Treatment-Arm: Forschende bestimmten den Serum-Vitamin-D-Spiegel und passten die Vitamin-D3-Dosen an, um einen Zielwert von >40 ng/mL (Nanogramm pro Milliliter) 25-Hydroxyvitamin-D, dem üblichen Laborparameter, zu erreichen.

Zum Baseline-Zeitpunkt hatten 85 % der eingeschlossenen Herzinfarktpatientinnen und -patienten Vitamin-D-Werte unter 40 ng/mL. Mehr als die Hälfte der Personen im zielgerichteten Arm benötigte eine Anfangsdosis von 5.000 internationalen Einheiten (IE) Vitamin D3 — deutlich über den häufig pauschal empfohlenen 600–800 IE für Erwachsene — gefolgt von geplanten Kontrollen und Dosisanpassungen. Patientinnen und Patienten, die das Ziel noch nicht erreicht hatten, wurden alle drei Monate erneut überprüft; sobald ein Zielwert erreicht wurde, wechselte die Nachsorge auf jährliche Kontrollen.

Was die Studie ergab

Im gesamten Kollektiv erlitten 107 Personen ein großes unerwünschtes kardiales Ereignis (MACE), das breit definiert war als wiederkehrender Herzinfarkt, Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, Schlaganfall oder Tod. Die Studie zeigte für das gesamte MACE-Outcome keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. Betrachteten die Forschenden jedoch einzelne Endpunkte genauer, reduzierte sich das Risiko für einen erneuten Herzinfarkt in der Gruppe mit zielgerichtetem Vitamin-D-Management um etwa 50 percent.

Wichtig ist, dass die Untersuchenden keinen Anstieg von Nebenwirkungen im Zusammenhang mit höheren Vitamin-D-Dosen berichteten, vorausgesetzt die Spiegel wurden überwacht und die Dosen angepasst. Dieses Sicherheitszeichen — zusammen mit der deutlichen Reduktion wiederkehrender Herzinfarkte — deutet darauf hin, dass der Ansatz weiter untersucht werden sollte, rechtfertigt aber noch keine sofortige Änderung klinischer Leitlinien.

Wissenschaftlicher Kontext und Einschränkungen

Warum könnte eine zielbasierte Strategie funktionieren, wenn fixe Dosisstudien scheiterten? Eine plausible Erklärung ist die interindividuelle Variabilität bei Aufnahme und Metabolisierung von Vitamin D. Feste Dosen führen zu einer breiten Streuung der Blutkonzentrationen und lassen viele Menschen entweder unterversorgt oder, selten, überversorgt. Ein 'treat-to-target'-Modell stellt sicher, dass Patienten tatsächlich die Serumspiegel erreichen, die als schützend angesehen werden — hier pragmatisch als >40 ng/mL definiert.

Einschränkungen der TARGET-D-Studie sind unter anderem die Stichprobengröße und die Anzahl der Ereignisse: Die Studie war für eine spezialisierte Intervention vergleichsweise groß, war aber nicht ausreichend gepowert, um viele sekundäre Endpunkte robust zu testen. Das Gesamt-MACE-Ergebnis war neutral, und der spezifische Nutzen bei wiederkehrenden Herzinfarkten — so überzeugend er auch wirkt — bedarf der Replikation in einer größeren, multizentrischen Studie, um Kausalität zu bestätigen und Zufallsbefunde auszuschließen.

Weitere Aspekte: Der Vitamin-D-Stoffwechsel interagiert mit Nierenfunktion, Medikamenten und genetischen Unterschieden bei Vitamin-D-bindenden Proteinen. Das Studienprotokoll mit vierteljährlichen und jährlichen Kontrollen ist in vielen Versorgungskontexten intensiver als die Routineversorgung, sodass die Umsetzung dieses Ansatzes praktische Abläufe und eine klare Kosten-Nutzen-Bewertung erfordern würde.

Was das für Patientinnen, Patienten und Behandler bedeutet

Für Personen, die einen Herzinfarkt erlitten haben, deutet diese Studie auf eine mögliche kostengünstige, niedrigrisikige Zusatzstrategie hin: den Serumspiegel von 25-Hydroxyvitamin D messen und eine individualisierte Supplementierung in Erwägung ziehen, die auf das Erreichen eines Zielbereichs abzielt. Dies ist keine Freigabe für die eigenmächtige Einnahme hochdosierter Präparate; unbeaufsichtigte Megadosen können Risiken bergen. Die Kernaussage lautet vielmehr: Überwachung und Personalisierung sind entscheidend.

Behandelnde sollten auf größere Bestätigungsstudien warten, bevor sie diesen Ansatz routinemäßig übernehmen, können den Vitamin-D-Status jedoch zunehmend als einen modifizierbaren Faktor in umfassenden Sekundärpräventionsplänen in Betracht ziehen, die bereits Thrombozytenaggregationshemmer, Statine, Blutdruckkontrolle, Rauchstopp und kardiologische Rehabilitation umfassen.

Fachliche Einschätzung

„Das Interessanteste ist die Abkehr vom ‚one-size-fits-all‘-Dosing hin zu einem präzisionsorientierten Ansatz“, sagt Dr. Anna Ruiz, Kardiologin und klinische Studienleiterin. „Wenn sich die Ergebnisse replizieren lassen, könnte zielgerichtetes Vitamin D zu einem einfachen, evidenzbasierten Instrument neben etablierten Therapien werden, um die Belastung durch wiederkehrende Herzinfarkte zu verringern. Das nächste Jahrzehnt sollte klären, wer am meisten profitiert, wie man effizient monitoren kann und wie kosteneffektiv das Vorgehen in der Routineversorgung ist.“

Die Forschenden von Intermountain Health haben zu größeren, multizentrischen Studien aufgerufen, um diese Befunde zu validieren und zu untersuchen, ob ein zielbasierter Vitamin-D-Ansatz auch andere kardiovaskuläre Outcomes über wiederkehrende Myokardinfarkte hinaus reduzieren kann.

Quelle: scitechdaily

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