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Artemis II bereitet sich auf die Mondumkreisung 2026 vor
Die NASA hat bestätigt, dass ihre nächste bemannte Mission zur Umkreisung des Mondes, Artemis II, weiterhin für einen Start Anfang 2026 geplant ist. Nach mehreren Terminverschiebungen legt die Agentur den Starttermin nun auf spätestens April 2026 fest, wobei sich bei Einhaltung der Zeitpläne auch ein Fenster im Februar abzeichnet. Artemis II wird das erste bemannte Raumfahrzeug sein, das seit mehr als 50 Jahren den Mond umkreist — ein bedeutender Meilenstein der menschlichen Mondexploration. Ein direkter Mondlandungsteil ist in diesem Flug jedoch nicht vorgesehen; diese Aufgabe bleibt Artemis III vorbehalten.
Die für Artemis II benannte Besatzung besteht aus drei US-amerikanischen Astronauten und einem Astronauten der Canadian Space Agency, was die internationale Zusammenarbeit in Wissenschaft und Betrieb bei bemannten Flügen ins tiefe Weltall weiter ausbaut. Die Mission ist ein zentraler Bestandteil des breiteren Artemis-Programms der NASA, das darauf abzielt, eine nachhaltige menschliche Präsenz auf dem Mond wiederherzustellen und gleichzeitig die Grundlagen für spätere bemannte Missionen zum Mars zu legen. Zudem dient diese Mission als Plattform, um Verfahren, internationale Zusammenarbeit und operative Abläufe in der Tiefenraumumgebung zu verfeinern.

Die Besatzung der NASA-Mission Artemis II (von links nach rechts): NASA-Astronautinnen und -Astronauten Christina Hammock Koch, Reid Wiseman (sitzend), Victor Glover und der Astronaut der Canadian Space Agency Jeremy Hansen
Missionsprofil und Hardware
Artemis II wird an Bord der Schwerlastrakete Space Launch System (SLS) der NASA starten und die Orion-Besatzungskapsel als Heim und Betriebseinheit für die Crew nutzen. Das Missionsprofil sieht eine Trans-Lunar Injection (TLI) vor, also eine Bahnmanöver, das das Raumfahrzeug aus dem niedrigen Erdorbit heraus auf eine Flugbahn in Richtung Mond bringt. Anschließend folgt ein Vorbeiflug am Mond, der die Besatzung in eine hochapogäische Umlaufbahn um den Mond führen wird, bevor die Rückkehr zur Erde eingeleitet wird. Solche Flugbahnen erfordern präzise Triebwerkszündungen, Fehlerüberwachung und genaue Navigation, um die vorgesehenen Ein- und Austrittsbedingungen zu erreichen.
Der unbemannte Testflug Artemis I hatte zuvor wichtige Komponenten des SLS-und-Orion-Stacks in einer unbemannten Konfiguration validiert und Flugtelemetrie geliefert, die als Grundlage für Software-Updates, Avionikverbesserungen und Anpassungen am Lebenserhaltungssystem diente. Artemis II ergänzt diese Daten um Erkenntnisse zur Leistung der Systeme mit Crew an Bord sowie zu Abläufen unter realen menschlichen Bedingungen. Insbesondere werden Kommunikationsverbindungen, Navigation, Lebensunterhaltungsfunktionen und die Interaktion von Besatzung und Bodenkontrolle in der Tiefenraumumgebung geprüft. Diese Validierungen sind essentiell, um die Zuverlässigkeit für längere Einsätze und komplexere Missionen zu erhöhen.
Wesentliche Missionsziele
- Validierung der Orion-Systeme mit Besatzung an Bord in den strahlungs- und thermischen Umgebungen des Tiefenraums.
- Nachweis länger dauernder Antriebs- und Navigationsfähigkeiten für trans-lunare Bahnen und Kurskorrekturen.
- Einübung von Besatzungsprozeduren für Mondvorbeiflüge, die als Basis für die Planung von Artemis III und späteren Oberflächenmissionen dienen.
- Prüfung von Kommunikation und Interoperabilität der Bodenunterstützung mit internationalen Partnern, einschließlich der Canadian Space Agency.
Diese Ziele sind nicht nur technische Meilensteine, sondern auch kritische Maßnahmen zur Risikominderung für folgende Missionen, die eine Landung von Astronautinnen und Astronauten auf der Mondoberfläche anstreben. Darüber hinaus werden Prozeduren getestet, die bei unvorhergesehenen Situationen Flexibilität und Robustheit gewährleisten sollen.
Wissenschaftlicher Hintergrund und Programmkontext
Das Artemis-Programm zielt darauf ab, über kurzfristige Besuche hinauszugehen und Nachhaltigkeit sowie wissenschaftlichen Ertrag in den Mittelpunkt zu stellen. Indem menschliche Präsenz mit robotischen Systemen und Beiträgen internationaler Partner kombiniert wird, beabsichtigt die NASA, die Geologie des Mondes, seine Ressourcen und das Weltraumumfeld systematisch zu untersuchen — in einer Tiefe, die in der Apollo-Ära nicht möglich war. Zu den Zielsetzungen gehören unter anderem die Kartierung von Wassereis in dauerhaft schattigen Kratern, die Charakterisierung des lunaren Regoliths und das Testen von In-Situ Resource Utilization (ISRU)-Technologien, mit denen lokale Materialien in Atemluft, Wasser, Treibstoff oder Baumaterial umgewandelt werden könnten.
Artemis II selbst ist vornehmlich eine bemannte Demonstrations- und Systemüberprüfungsmission und daher weniger als reine Wissenschaftsexpedition geplant. Dennoch liefern die während der Mission gesammelten Daten — etwa zu Strahlenbelastung, Umgebungssteuerung des Raumfahrzeugs und Abläufen im Tiefenraum — direkte Inputgrößen für die Entwicklung von Instrumenten und die Planung wissenschaftlicher Experimente bei Oberflächenmissionen. Diese Informationen helfen zudem bei der Auslegung von Schutzmaßnahmen für zukünftige Langzeitaufenthalte und bei der Festlegung von wissenschaftlichen Prioritäten für spätere Landungen.
Zusätzlich ermöglicht die Testphase, Sensortechniken und Strahlenmessgeräte zu validieren, die später auf der Oberfläche eingesetzt werden könnten. Dadurch entsteht ein kontinuierlicher Informationsfluss zwischen Orbitalmissionen und Oberflächenaktivitäten, der die Gesamtwissenschaftsstrategie des Artemis-Programms stärkt.
Geopolitische und strategische Implikationen
Artemis II findet vor dem Hintergrund zunehmenden globalen Interesses an der Mondexploration statt. China hat sein Mondprogramm beschleunigt und strebt einerseits eigene bemannte Mondmissionen bis zum Ende des Jahrzehnts an, was die Dynamik von Wettbewerb und Kooperation auf internationaler Ebene verschärft. Die US-Politik und die aktuelle Administration haben die NASA dazu gedrängt, Artemis-Zeitpläne zu beschleunigen, mit der Begründung, dass eine erneute menschliche Präsenz auf dem Mond sowohl strategisch als auch wissenschaftlich von hoher Bedeutung ist.
Führungskräfte der Agentur betonen jedoch, dass Sicherheit und Missionsintegrität oberste Priorität haben. Lakiesha Hawkins, eine leitende Beamtin der NASA, sagte Reportern, die Agentur habe die Absicht, ihre Startverpflichtungen einzuhalten, dabei aber die Sicherheit der Besatzung nicht zu gefährden: „Wir beabsichtigen, dieses Versprechen zu halten“, erklärte sie auf einer Pressekonferenz und unterstrich damit den Fokus der NASA auf eine sichere und verlässliche Mission statt auf das Einhalten eines beliebigen Termins.
Auf geopolitischer Ebene erzeugen größere internationale Kooperationen — wie die Teilnahme eines Astronauten der Canadian Space Agency — strategische Vorteile: gemeinsame Kostenverteilung, Technologieaustausch und geteilte wissenschaftliche Ergebnisse stärken langfristig die Fähigkeit, komplexe Tiefenraumprojekte durchzuführen. Gleichzeitig erhöhen solche Partnerschaften die politische Stabilität und die Akzeptanz für kostspielige Raumfahrtprogramme.
Verwandte Technologien und künftige Perspektiven
Artemis II baut auf mehreren Schlüsseltechnologien und Infrastrukturelementen auf, die für nachhaltige Mondoperationen entscheidend sind:
- SLS-Weiterentwicklung: Iterationen zur Steigerung von Zuverlässigkeit und Nutzlastkapazität, um später schwerere Nutzlasten und größere bemannte Systeme transportieren zu können.
- Orion-Verbesserungen: Erhöhte Leistungsfähigkeit der Lebenserhaltungssysteme, bessere Strahlenschutzmaßnahmen und robuste Tiefenraumavionik, um längere Missionen zu ermöglichen.
- Gateway-Logistik: Eine internationale Mondorbit-Plattform namens Gateway ist geplant, die als Zwischenstation für Oberflächenmissionen und wissenschaftliche Operationen dienen soll und damit Missionsflexibilität erhöht.
- Systeme für die Oberfläche und Landegeräte: Artemis III und folgende Missionen werden auf kommerziell bereitgestellte Landefähren und Habitate angewiesen sein, die bemannte Oberflächenerkundung ermöglichen.
In ihrer Gesamtheit sollen diese Fähigkeiten längere Aufenthalte auf der Oberfläche ermöglichen, ambitioniertere Wissenschaftskampagnen unterstützen und die Grundlage für Infrastrukturprojekte wie Treibstoffdepots und Forschungsaußenposten legen. Solche Einrichtungen könnten langfristig die Kosten senken und das Risiko sinken lassen, indem sie wiederverwendbare Ressourcen zur Verfügung stellen und die Abhängigkeit von direkten Starts von der Erde reduzieren.
Darüber hinaus eröffnen Fortschritte in Orbitaltanksystemen, autonomer Robotik und ISRU-Technologien neue Optionen für nachhaltige Präsenz. Kombiniert mit kommerziellen Beiträgen entsteht ein vielfältiger Ökosystemansatz, der sowohl staatliche als auch private Akteure einbindet und die Skalierbarkeit von Mondaktivitäten verbessert.
Expert*innen-Einschätzung
Dr. Priya Anand, eine Luft- und Raumfahrtsystem-Ingenieurin, die an Guidance-, Navigation- und Kontrollsystemen für bemannte Raumfahrzeuge gearbeitet hat, kommentierte die Bedeutung eines bemannten Mondvorbeiflugs folgendermaßen: „Artemis II ist eine kritische Generalprobe auf Systemebene. Menschen jenseits des niedrigen Erdorbits zu fliegen bringt einzigartige operationelle und physiologische Herausforderungen mit sich — Strahlenexposition, Auswirkungen längerer Mikrogravitationsphasen und der Bedarf an fehlertoleranter Avionik. Das Demonstrieren zuverlässiger Lebenserhaltung und Navigation in Mondnähe wird die Risiken für erste Landungsversuche reduzieren und dazu beitragen, die Zeitpläne für eine nachhaltige Mondforschung zu verfeinern.“
Sie fügte hinzu: „Die internationale Zusammensetzung der Besatzung signalisiert außerdem, dass die Erforschung des Tiefenraums zunehmend kollaborativ angelegt ist. Diese Zusammenarbeit ist essenziell, um Kosten, Technologien und wissenschaftliche Ergebnisse zu teilen und so größere, komplexere Missionen realisierbar zu machen.“
Solche Expertinnen-Statements unterstreichen, wie technisches Know-how und internationale Partnerschaften Hand in Hand gehen, um operative Robustheit und wissenschaftliche Effektivität zu steigern.
Betriebliche Risiken und Gegenmaßnahmen
Bemannte Missionen jenseits des Erdorbits bringen naturgemäß erhöhte Risiken mit sich. Die NASA begegnet diesen Gefahren durch schrittweise Tests, Redundanzkonzepte und intensive Bodensimulationen. Zu den wichtigsten Risikobereichen gehören:
- Start- und Aufstiegsleistung: Das SLS durchlief mehrere Tests, um die Wahrscheinlichkeit von Anomalien in der Triebwerksleistung zu reduzieren; Best-Practice-Verfahren für Startabbruch und Rettungsszenarien sind Bestandteil der Planung.
- Tiefenraumnavigation: Autonome Bordsysteme und Boden-Teams überwachen gemeinsam die Flugbahn und führen erforderliche Kurskorrekturen durch, unterstützt durch präzise Bahnbestimmung und Redundanzen in der Navigationssensorik.
- Strahlenexposition: Abschirmstrategien, Onboard-Messsysteme und kontinuierliche Überwachung sollen die Dosis für die Crew begrenzen; außerdem werden Missionsdauer und Aufenthaltsprofile so gestaltet, dass die kumulative Belastung reduziert wird.
- Reliabilität der Lebenserhaltung: Redundante Umgebungsregelungs- und Überwachungssysteme sind so ausgelegt, dass sie die Bewohnbarkeit aufrechterhalten, selbst wenn Teilsysteme ausfallen.
Eine fortlaufende Analyse der Telemetrie von Artemis I sowie umfangreiche Vorflugtests haben zu Updates an Hard- und Software geführt, die die Wahrscheinlichkeit missionserheblicher Ausfälle weiter reduzieren. Parallel dazu werden Notfallprozeduren und medizinische Gegenmaßnahmen trainiert, um auf unvorhersehbare Ereignisse vorbereitet zu sein.
Fazit
Artemis II stellt einen entscheidenden Schritt in einer mehrdekadigen Initiative dar, Menschen zum Mond zurückzubringen und die Fähigkeiten für eine nachhaltige Erforschung aufzubauen. Geplant für Anfang 2026 wird die Mission eine vierköpfige, internationale Besatzung in die Mondumlaufbahn bringen, um Systeme, Prozeduren und menschliche Leistungsfähigkeit im Tiefenraum zu validieren. Auch wenn kein Landeversuch Teil dieses Flugs ist, wird Artemis II technische und operationelle Risiken für Artemis III mindern und den Weg für nachhaltige wissenschaftliche sowie kommerzielle Aktivitäten auf und um den Mond ebnen.
Während die Vereinigten Staaten und ihre internationalen Partner ihre Pläne vorantreiben, wird Artemis II weltweit von Wissenschaftlern, Ingenieurinnen, Raumfahrtbehörden und kommerziellen Akteuren genau verfolgt werden. Ihr Erfolg wird den Zeitplan und das Einsatzspektrum künftiger Mondoberflächenmissionen maßgeblich beeinflussen und die nächste Ära menschlicher Erkundung jenseits der Erde mitgestalten.
Quelle: sciencealert
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